Last minute

Nachspielzeit, Elfmeter, Pfostentreffer, Nachschu – 2:1 und kurz darauf der Abpfiff. Viel mehr Drama und viel mehr last minute konnte die Rettung von Union Berlin kaum sein. Dass dann noch ein früherer Freiburger gegen den SC Freiburg traf, setzte dem Ganzen noch eins drauf.

Union verhindert damit einen der größten Abstürze der Liga- Geschichte, von der CL- Teilnahme bis fast in die 2. Liga. Das ist wohl nur mit dem legendären Abstieg der Nürnberger als amtierende Deutsche Meister zu vergleichen.

Dass Freiburg es im letzten Spiel unter Christian Streich verpasst, europäisch zu spielen, verkommt da zur Randnotiz. Womöglich macht es das für seinen früheren Kapitän und Nachfolger Schuster ein wenig leichter, den Chefposten zu übernehmen, wenn englische Wochen nicht anfallen?

Union rettet sich und somit muss der VfL Bochum in die Relegation gegen Düsseldorf. Ob da der Erstligist wirklich Favorit ist? Und ob man mit Ex- Coach Letsch wirklich noch schlechter abgeschnitten hätte? Schließlich hatte der VfL sich zwischenzeitlich eine für Bochumer Verhältnisse komfortable Ausgangslage verschafft, konnte sich gut fernhalten von den Abstiegsrängen und über ein viertes Jahr Bundesliga in Folge nachdenken.

Doch der Auftritt in Bremen gibt wenig Anlaß zur Hoffnung, am Ende fiel man auseinander. Vergleichbar übrigens mit Köln bei deren 1:4 in Heidenheim. Dass man da irgendetwas rocken könnte, daran schienen die Kicker wohl selbst nicht zu glauben. Und dann geht es dahin.

Um Europa und die Wurst

Ob es in den Innenministerien schon Wunschzettel gibt hinsichtlich der Relegationsspiele nächste Woche? Lautlos und krawallfrei gehen diese Duelle ja schon seit Jahren nicht mehr über die Bühne. Jedem fällt da sofort eines oder mehrere Spiele ein.

Doch erst einmal müssen noch die letzten Liga- Spiele gespielt werden. Union Berlin kann im Fernduell noch vom 1.FC Köln auf den direkten Weg ins Stadtduell nächste Saison geschickt werden. Köln tritt in Heidenheim an, bei Union hat Freiburg endgültig Zapfen- Streich.

Das ist ja gerade das Interessante: dass die Gegner jeweils noch Punkte für Europa brauchen. Da wird vielleicht dann doch noch einmal der letzte Meter gelaufen. Was auch für Werder und Bochum gilt. wobei der VfL darauf hoffen mag, dass der Baumann- Abschied in Bremen den Fokus auf sich zieht und man dort im Schwelgen in uralten Zeiten die gegenwärtigen ein wenig vernachlässigt.

Lediglich Mainz 05 hat mit Wolfsburg einen Gegner, der nichts mehr erreichen kann außer dem Saisonende als solches und darüber froh sein dürfte.

Diese Freude teilen sie wohl mit Mainz‘ früherem Trainer Tuchel. Der hat nun wirklich Feierabend bei den Bayern, deren Rolle rückwärts offenbar misslang. Er geht also nun endgültig und mag innerlich dann doch grinsen über das, was sich da in letzter Zeit so alles an der Säbener Straße tut. Derweil sich Eberl und Freund mit den Absagen die Bürowände tapezieren.

Scheibchenweise

Die Nominierung von Mats Hummels für die EM im Rahmen von TV Total war natürlich eine Fake- Nummer. Was einem leid tut für ihn, der zuletzt wirklich gut drauf war. Aber Bundestrainer Nagelsmann plant halt nicht mit ’nem Gleichaltrigen und es lief zuletzt ja auch gänzlich ohne Dortmunder rund bei der Nationalelf. Und das Stichwort „Kabinenkultur“ soll da auch eine Rolle spielen, hieß es ja.

Und die Macher von TV Total haben halt keine echte Nominierung abgekriegt. So wie der Herr Jauch. Oder die Lufthansa. Oder eine bislang unbekannte Dachdeckerin. Und noch einige Andere.

Im Neu- Sprech dürfte davon die Rede sein, „ein Land abholen“ oder „mitnehmen“ zu wollen, indem man die EM- Nominierungen der Spieler stückchenweise verkünden lässt. Jeden Tag ein paar und heute im Laufe des Tages wohl den großen Rest des Kaders.

Oder kommt auch da dann stündlich ein neuer Name aus irgendeinem Hut gezaubert?

Sicherlich, es ist mal was Anderes als eine hochoffizielle Veranstaltung mit den Großkopferten des DFB. Wobei ja auch die zuletzt schon ein wenig Show- Charakter hatten.

Aber diese Form, seine EM- Mannschaft bekannt zu geben, finde ich schlichtweg albern. Da verkommt es zur Zirkus- Nummer. Und auch, wenn der Profi- Fußball immer mehr zum Zirkus wird: so bitte nicht, da vergeht mir jetzt schon die Lust.

Eine Frage der Gelegenheit

Das muss alles schnell gehen in diesem Jahr. In einem Monat rollt schon der EM-Ball durch das Land. Und wenn man Pech hat, macht das Turnier noch den einen oder anderen Spieler teurer.

Etwa Leverkusens Frimpong, seit dem letzten Herbst auch Nationalspieler der Elftal. Er soll einem Wechsel weg von Meister Leverkusen nicht abgeneigt sein. Angeblich sei Bayern dran. Und wenn sich das Gerücht verdichten sollte, dann geht die Seite Frimpong ganz schönes Risiko. Denn offiziell ist ja die Trainerfrage in München immer noch nicht geklärt und wer weiß, ob ihn der Tuchel oder ein Nachfolger überhaupt gebrauchen können.

Und anscheinend denkt man auch, solch eine Saison wie Leverkusen spielt man nur einmal und versucht dann, diese zu versilbern.

Die zweite Überraschungsmannschaft der Saison, Stuttgart, könnte Stürmer Guirassy nach Dortmund verlieren. Der soll wohl dank Klausel ein echtes Schnäppchen sein für den BVB. Und als Guineaer hängt sein Marktwert auch nicht von der EM ab.

Bleibt zu wünschen, dass Stuttgart und Leverkusen der komplette Ausverkauf erspart bleibt und/oder sie schon Alternativen im Köcher haben, um auch in der neuen Saison oben mitzumischen in der Tabelle.

Und jetzt warten Viele nur noch auf die bayerische Rolle rückwärts, was den Tuchel betrifft. Angeblich hat er die Rückendeckung der Meinungsmacher in der Mannschaft. Die Verantwortlichen tapeziren die Bürowände mit den Absagen all derer, die sie gern als Nachfolger vom Tuchel gehabt hätten. Wann sagt ihm einer der Großkopferten, dass sie sich neu entschieden haben?

Ambition contra Absturz

Ob sich der 1.FC Köln im Saisonfinale am Samstag wirklich darauf stützen soll, dass Frank Schmidt, der Trainer von Gegner Heidenheim, nicht auf der Bank sitzen wird? Oder aber auf die neu entdeckte Fähigkeit, Spiele kurz vor Schluß noch drehen zu können? Siehe die Heimspiele gegen Union und Bochum.

Allerdings besitzt auch Heidenheim dieses Nicht-Aufgeben, frag nach bei den Bayern und deren 2:3 nach 2:0- Führung. Es wird also kein Selbstläufer für den FC und seinen Trainer Timo Schultz, der wohl im Abstiegsfall kaum zu halten sein wird und sich damit ein Widersehen mit St. Pauli und seinem Ex-Co in der ersten Liga würde abschminken können.

Überhaupt, am Samstag muss dann ja auch noch Union Berlin „mitspielen“, damit Köln drin bleibt. Was Union natürlich auch will und ein Unentschieden gegen Freiburg würde ausreichen, um von Köln nicht mehr eingeholt werden zu können.

Von der CL- Teilnahme bis in die 2. Liga mit einer Heimpleite im letzten Saisonspiel. Das Szenario hätte sich vor Jahresfrist niemand auszudenken gewagt. Gegner Freiburg hat im Fernduell mit Hoffenheim allerdings nichts zu verschenken. Beide wollen nach Europa, der Wettbewerb ist dann erst einmal nachrangig, in dem sie am Ende antreten werden. Aber wenn schonmal die halbe Liga Chancen hat, europäisch zu spielen – wer will da nicht dabei sein?

Ähnlich ist auch die Lage zwischen Werder und Bochum. Wobei dem VfL ein viertes Jahr Bundesliga in Folge winkt, was an der Castroper Straße eine ähnliche Wertigkeit haben dürfte wie anderenorts Spiele in der Woche.

Fünfzig und ein fast freier Fall

Mit einem 5:0 das 50. Spiel ohne Niederlage in dieser Saison zu bestreiten – das gelingt Leverkusen mit dem Auswärtssieg gegen am Ende zehn Bochumer, die sich im Vorfeld vielleicht sogar ausgerechnet hatten, warum nicht gerade sie diejenigen sein sollten,…. im Nachhinein klingt es fast töricht.

Für den VfL ist schlechtestenfalls noch der Relegationsplatz drin, aber da haben sie mit Union Berlin wieder einen ernsthaften Konkurrenten gekriegt. Eine 2:0- Führung beim direkten Konkurrenten in Köln haben die Unioner hergegeben und am Ende noch 2:3 verloren. Damit Kölns direkten Abstieg erst einmal aufgeschoben und sich selbst noch ins Spiel gebracht für ein Stadtderby in der nächsten Saison. Denn wenn Köln in Heidenheim gewinnen sollte bei gleichzeitiger Union- Niederlage daheim gegen Freiburg, dann wäre es soweit.

Dass Mainz nochmals in die Relegation rutscht, kann man sich nach dem fulminanten Auftritt gegen allerdings unterirdische Dortmunder kaum vorstellen. Doch auch eine B- Truppe der BVB musst Du erst einmal so dominieren, wie es Mainz am Samstag getan hatte. 3:0 stand es schon nach knapp einer halben Stunde, der zweite Mainzer Treffer kommt noch schnell in jeden Rückblick. Stichwort: spielerische Lösung im Aufbau.

Manch einer wittert da allerdings Wettbewerbsverzerrung seitens der Dortmunder. Denn auch wenn für Schwarzgelb die Liga gelaufen ist: für Mainz und deren Konkurrenten – siehe oben – halt noch nicht.

Da haben es die Bayern schon etwas anders angestellt: erst den Neuer für sein 500. Spiel abgefeiert, dann den dritten Keeper eingewechselt und dann auch noch ein paar Talente gebracht. Aber erst, nachdem der Sieg gegen Wolfsburg klar war.

Nächste Saison geht es dann gegen Kiel und St. Pauli, die beide den Aufstieg in die Bundesliga einen Spiltag vor Saisonende klargemacht haben

Kurz vor Schluss, klar

Wenn der Fußball, den Leverkusen bietet, nicht so attraktiv wäre, bräuchte man deren Spiele erst in der Schlußviertelstunde einzuschalten. Zuvor war es eines dieser Spiele, die man schon so oft gesehen hat: eine Mannschaft dominiert, die andere ist effektiv. AS Rom führte zur Pause mit 1:0 in Leverkusen, legte dann noch einen Treffer nach und Bayer 04 drohte zumindest die Verlängerung im Halbfinale der EL.

Aber schließlich hört die Mannschaft von Xabi Alonso nicht eher auf, als dass der Schiedsrichter abpfeift. Der 2:2- Ausgleich fiel in der 97. Minute. Wahnsinn! 49 Spiele sind sie nun ungeschlagen und obendrein bleibt die Chance aufs Triple erhalten. Das Finale in Dublin wird gegen Atalanta Bergamo gespielt.

Nach diesen intensiven Europapokal- Abenden muss der Start des vorletzten Bundesliga- Spieltags zwangsläufig eine gewisse Fallhöhe aufweisen – auch wenn mit dem VfB Stuttgart die zweite Überraschungsmannschaft der Saison an dessen Eröffnung beteiligt ist.

Der CL- Teilnehmer der nächsten Saison will nämlich noch Vizemeister werden. Die Bayern liegen nur zwei Punkte vor dem VfB, der am Abend vorlegen kann. Auswärts beim FC Augsburg, dessen Europa- Träume nur kurze Phantasien gewesen sind. Seit die Chance auf eine Überraschung bestanden hatte, hat die Mannschaft zu sehr nachgelassen. Dass es sich nicht in der Tabelle widerspiegelt, liegt eher an der Konkurrenz des FCA, die es nicht wesentlich besser macht. Aber für irgendwen von denen wird es dann reichen für EL oder Conference.

In der 2.Liga sucht der HSV weiterhin seine Chance auf Platz 3. Muss nach Paderborn und kann dort vorübergehend den Rückstand auf Düsseldorf verkürzen. Noch ein wenig spannender sind nur die Spekulationen um neues Führungspersonal beim HSV. Nach Magath nun Bierhoff….

Reales Déjavu

Woran mag der Kahn- Olli auf der Tribüne des Bernabeau zuerst gedacht haben? An das WM-Finale 2002 mit seinem Bock und dem Gegentor, als dem Neuer der Ball versprang und Madrid ausglich? Oder an dieses CL- Endspiel gegen Man United, die damals das Spiel in der Nachspielzeit drehten? 25 Jahre ist das schon her.

Real Madrid drehte Bayerns Führung in den Minuten 88 und 90 – und so wird es nun nichts mit der Wembley- Wiederholung von 2013, dem deutschen CL- Finale gegen Dortmund. Der BVB trifft am 1. Juni auf Real. Auch nicht schlecht.

Stattdessen heißt es nun Schaulaufen in den nächsten und letzten beiden Spielen der Bundesliga- Saison und dem Tuchel einen vernünftigen Abschied zu machen. Der wird sich ganz in Ruhe anschauen, wer ihn denn nun beerben soll auf der Schleuderbank. Präsident Hainer hatte ja nochmals unterstrichen, dass die Entscheidung stehe und damit ein Doch-Bleiben des aktuellen Trainers ausgeschlossen.

Leverkusen kann hingegen am Abend die Tickets nach Dublin endgültig buchen – oder sollte der 2:0-Auswärtssieg vor heimischer Kulisse noch ins Wanken geraten? Man wüsste nun wirklich keinen Grund, weshalb das geschehen sollte. Und es hat den Anschein, beim Gegner aus Rom wissen sie auch keinen.

Wie einst hinterm Haus

Und dann macht es ausgerechnet der Hummels, im Hinspiel noch Grätschenkönig, erzielt er im Rückspiel bei PSG das Tor des Abends. Der Rest war Verteidigen. Nach zwei Spielen ohne Gegentor gegen Paris Saint Germain steht der BVB nun tatsächlich im CL-Finale und kann abwarten, ob es Real oder Bayern wird als Gegner am 1.Juni.

Natürlich denkt da nun niemand in gelbschwarz darüber nach, wie ein CL- Finale mit dem 5. Platz in der Liga einher geht. Ob es immer Gegner braucht, an denen man sich abarbeiten kann um selbst zu glänzen.

Dortmunds Ex- Trainer Tuchel muss am Abend bei Real mit noch- seinen Bayern antreten. Wettbewerbsübergreifend elf Halbfinals, so die Statistik des Boulevard, hat Tuchel mit verschiedenen Mannschaften gespielt. Und nicht verloren.

Spiele wie die mit Real habe man früher als Kind im Garten nachgespielt, meint der Trainer. Er habe der Mannschaft nochmals klar gemacht, welch eine Chance man hat mit dem möglichen Einzug ins Finale. Auch, dass da Fußballer- Träume wahr werden können.

Bleibt zu hoffen, dass Tuchel seine Mannschaft auf diese emotionale Weise packen kann. Sicher wäre ich mir bei den Jungs da nicht.

Unterdessen hat Ex- CL- Teilnehmer Schalke in einem Geisterspiel am Millerntor den Komplettabsturz verhindert und den Klassenverbleib in der 2. Liga erreicht.

Kurzzeit- und Ewigtrainer

Nun hat halt jeder Trainer seine Halbwertzeit und manch kriegt seine verlängert, indem man dem Kader einen Umbruch verpasst. Dann gibt es wieder neue Leute, die die alten Ansprachen noch nicht kennen.

Bei Unions Ex- Trainer Bjelica schien sich manches sehr schnell wieder- und überholt zu haben. Und der weitgehende Verzicht auf Videoanalysen irritierte wohl auch manch einen Spieler, der es gewohnt ist, medial rundumversorgt zu werden. Etwa ein halbes Jahr war Bjelica nun an der Alten Försterei tätig, die letzten beiden Spieltage vertratut man ihm nach dem 3:4 gegen Bochum die Mannschaft nicht mehr an.

Samstag wartet schon der nächste Abstiegsgipfel in Köln auf Union und es gilt, den Vorsprung in der Tabelle vor Mainz 05 über die Ziellinie zu bringen. Der 1.FC hingegen sucht die rechnerisch vorletzte Chance, noch in die Relegation zu gelangen. Hatte schon gegen Freiburg beim 0:0 wirklich alles versucht und es hatte schon etwas Beeindruckendes, wie mucksmäuschenstill es im Stadion direkt nach dem Abpfiff wurde.

Kölns Präsident redet schon vom Wiederaufstieg innerhalb der nächsten zwei Jahre, während es theoretisch noch mit dem Klassenverbleib klappen könnte. Welch ein Mutmacher, bei aller Wertschätzung für den Realitätssinn. Ob Trainer Schultz derjenige für den Neuaufbau sein sollte?

Im ganz anderen Regal liegt der Fußball dann heute Abend: PSG gegen BVB um den Einzug ins CL- Finale. Hält der Dortmunder Vorsprung aus dem Hinspiel und wenn ja, wie lange? Auf jeden Fall sollte es dder BVB anders angehen als in der Gruppenphase. Aber da war Marco Reus ja noch das Auslaufmodell und der Mitläufer, seit letzter Woche wurde er zur „lebenden Legende“ geadelt von Trainer Terzic. Dem Reus den Henkelpott, darauf soll sich die Mannschaft eingeschworen haben. Und Terzic selbst könnte in Wembley den wohl halbewigen Übertrainer Klopp ein wenig als ständigen Begleiter abschütteln.