Gern wird von manchem Romantiker an den Sommer ’97 erinnert, als Schalke und Dortmund je einen Europapokal gewannen und angesichts der beschlossenen Industrie- Stillegungen dann sowas wie ein (fast schon) gemeinsames Wir- Gefühl entstand, das sich im gemeinsamen Schlachtruf „Ruhrpott“ dokumentierte oder entlud, je nach Betrachtung.
Nun also Berlin. In der neuen Saison erstmals mit einem Derby zwischen Hertha und Union in der ersten Liga. In der Zweitklassigkeit gab es das ja bereits vor ein paar Jahren mal.
Und so war nach dem Union- Aufstieg und bereits vor ein paar Wochen mal etwas zu hören von einem Antrag der Hertha, das Derby am 9. November austragen zu wollen und damit dreißig Jahre Mauerfall zu feiern. Sicherlich auch vor dem Hintergrund, wie anno ’89 viele ins Olympiastadion kamen, um endlich Bundesliga mal live anzuschauen.
Hört sich gut gemeint an, scheint aber nicht so recht den Nerv der Eisernen zu treffen. Kamen zunächst Töne im Rest der Republik an, denen zufolge man dieses Tages anders gedenken wolle als bei einem Fußballspiel, so legt Union- Präsi Zingler nun recht deutlich nach.
Bild zitiert ihn nach der Berliner Zeitung: „Ehrlich gesagt, verstehe ich den Wunsch nicht. Für mich ist das ein Derby, das steht für Rivalität, für Abgrenzung. Und für Fußball-Klassenkampf in der Stadt. Diesem Spiel eine Art Freundschaftsspielcharakter zu geben, nach dem Motto: Wir spielen jetzt hier einen auf deutsche Einheit, das finde ich absurd.“
Einmal abgesehen davon, daß Hertha inzwischen wohl auch vom Termin am 9. November abrückt – hier bereitet sich wohl wirklich schon das Stadtduell vor, ganz gleich wann sie es denn nun spielen werden. Ich kann mir auch vorstellen, daß Zingler bei seiner Stammkundschaft gut damit ankommt. Das Dasein als Underdog, der von ihm angesprochene „Klassenkampf“ – das hört man ja immer wieder in den Vereinen aus den fast dreißig Jahre alten Bundesländern, Union macht da keine Ausnahme. Welches Öl da in welche Feuer gekippt wird – das ist leider oftmals egal, scheint es.
Hertha spielte damals in der 2. Bundesliga. Am 11. November gegen Wattenscheid im Olympiastadion. Damals ging das Spiel 1:1 aus. Doch das Ergebnis interessierte an diesem Tag eh keinen. Die Diskussionen auf den Rängen waren viel interessanter. Das Spiel ist mir noch in guter Erinnerung weil ich damals mit dem Auto vom Olympiastadion bis Kreuzberg, wo wir damals wohnten, ca. 2 ½ Stunden unterwegs war. So verstopft waren die Straßen West-Berlins. Damals bin ich noch mit dem Auto zum Stadion gefahren. Das würde mir heute nicht mehr einfallen.
Zu den Sticheleien um den vorgeschlagenen Termin des 9. Novembers, viel Lärm um nichts. Mehr ist dazu nicht zu schreiben.
https://www.herthabsc.de/de/teams/damals-wars-wattenscheid/page/3778–45–.html
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Schön, daß Du uns auf diese Zeitreise mitgenommen hast. (Ich hatte da heimlich drauf gehofft.)
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Dieses Spiel werde ich nie vergessen. Es war so was von nebensächlich. Auf den Rängen des Olympiastadions wurde sehr rege zwischen Ost und West diskutiert.
Ein Gespräch hat sich bei mir eingeprägt. Eigentlich ein ganz banales.
Ein Westberliner sagte etwas über seinen „Schweinegolf“, (Golf, VW), der ihm nur Kummer bereitet. Wobei ein Zuschauer aus dem Osten sagte, „ich nehm den sofort und geb Dir dafür meinen Trabbi“. Das war natürlich im Scherz so dahingesagt. Aber der Golfbesitzer meinte, „Au ja das machen wir“. Ob es jedoch jemals zu diesem Austausch kam, weiß ich nicht.
Ich würde es eher anzweifeln.
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